BGH: Anforderungen an Beschwerdeanträge Beschwerdeanträge genügen den gesetzlichen Anforderungen, wenn die innerhalb der Begründungsfrist eingereichten Schriftsätze des Beschwerdeführers ihrem gesamten Inhalt nach eindeutig erhellen, in welchem Umfang und mit welchem Ziel die erstinstanzliche Entscheidung angefochten werden soll (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 8. Februar 2023 – XII ZB 351/21). Beschl. vom 14. August 2024 (XII ZB 386/23)
BGH: Benachrichtigung des leiblichen Vaters bei Stiefkindadoption a) Das grundrechtlich geschützte Interesse des möglichen leiblichen Vaters, die Rechtsstellung als Vater des Kindes einnehmen zu können, ist verfahrensrechtlich dadurch zu sichern, dass dieser vom Familiengericht entsprechend § 7 Abs. 4 FamFG vom Adoptionsverfahren benachrichtigt werden muss, um ihm eine Beteiligung am Verfahren zu ermöglichen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 18. Februar 2015 – XII ZB 473/13).
b) Von einer solchen Benachrichtigung kann nur ausnahmsweise abgesehen werden, wenn aufgrund der umfassend aufgeklärten Umstände unzweifelhaft ist, dass eine Beteiligung des möglichen leiblichen Vaters nicht in Betracht kommt. Das ist der Fall, wenn dieser auf sein grundrechtlich geschütztes Interesse, die rechtliche Vaterstellung zu erlangen, verzichtet hat. Darüber hinaus ist eine Benachrichtigung vom Adoptionsverfahren regelmäßig nur unter den Voraussetzungen des § 1747 Abs. 4 BGB entbehrlich (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 18. Februar 2015 – XII ZB 473/13).
c) Bloße Erklärungen der Annehmenden und der Kindesmutter, der diesen bekannte private Samenspender sei mit der Adoption einverstanden und lege keinen Wert auf eine Beteiligung am Adoptionsverfahren, sowie von diesen vorgelegte, nicht auf ihre Authentizität überprüfbare Textnachrichten entsprechenden Inhalts entbinden das Tatgericht nicht ohne Weiteres von der Benachrichtigung des Samenspenders von dem Adoptionsverfahren (Fortführung des Senatsbeschlusses vom 18. Februar 2015 – XII ZB 473/13). Beschl. vom 31. Juli 2024 (XII ZB 147/24)
OLG Hamm: Loyalitätskonflikt 1. Der Teilentzug des elterlichen Sorgerechts zur Aufarbeitung eines Loyalitätskonflikts ist nicht geeignet, wenn die erforderlichen Maßnahmen (therapeutische Anbindung der Kinder) vom Ergänzungspfleger nicht umgesetzt werden. 2. Zur Abwendung einer Gefährdung des Kindeswohls können konkrete Weisung an den Sorgeberechtigten (Antrag auf Hilfen zur Erziehung in Form einer Erziehungsbeistandschaft) geeignet und erforderlich sein. Beschl. vom 2. Oktober 2024 (2 UF 108/23)
OLG Frankfurt: Sorgerechtsübertragung bei häuslicher Gewalt 1. Vom Kindesvater verübte häusliche Gewalt, Nachstellungen und Bedrohungen gegenüber der Kindesmutter können es im Einzelfall im Hinblick auf Art. 31 GewSchÜ (Istanbul-Konvention) gebieten, das Sorgerecht für ein gemeinsames Kind auf die Mutter zur alleinigen Ausübung zu übertragen. 2. Von einem Kind miterlebte Gewalt gegen seine Mutter ist als eine spezielle Form der Kindesmisshandlung zu bewerten. 3. Der gewaltbetroffene Elternteil kann in der Regel auch nicht zu einer Restkooperation mit dem anderen Elternteil verpflichtet werden, so dass auch die Erteilung einer vom gewalttätigen Elternteil umfassend erteilten Sorgevollmacht eine Alleinsorge des betreuenden Elternteils nicht entbehrlich macht. Beschl. vom 10. September 2024 (6 UF 144/24)
OLG Hamm: Fehlende familiengerichtliche Billigung eines Vergleichs 1. Dem Vergleich kommt keine verfahrensbeendende Wirkung zu, wenn er nicht nach Maßgabe von § 156 Abs. 2 FamFG familiengerichtlich gebilligt worden ist. 2. Die familiengerichtliche Billigung ist eine Endentscheidung im Sinne des § 38 Abs. 1 FamFG, die ensprechend in Beschlussform zu ergehen hat und mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen ist. Beschl. vom 19.August 2024 (4 WF 132/24)
OLG Hamm: Prozesskostenvorschuss Einem minderjährigen Kind kann gegenüber dem Elternteil in analoger Anwendung von § 1360a Abs. 4 BGB als Teil der gesetzlichen Unterhaltspflicht ein Anspruch auf Zahlung eines Prozesskostenvorschusses zustehen. Auf einen solchen Anspruch kann der Unterhaltsberechtigte verwiesen werden, wenn der Beteiligte den Anspruch alsbald realisieren kann. Auf einen unsicheren Prozess um den Vorschuss darf der Hilfsbedürftige nicht verwiesen werden. Beschl. vom 19. August 2024 (4 WF 138/24)
OLG Hamm: Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge wegen behaupteter Umgangseinschränkungen Allein die Verweigerung des Kontaktes zwischen dem Kindesvater und seinen Kindern durch die Kindesmutter führt nicht dazu, dass die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge und deren Übertragung auf die Kindesmutter abzuändern wäre. Soweit es um den Kontakt des Kindesvaters zu seinen Kindern geht, ist dies in einem Umgangsverfahren zu regeln. Beschl. vom 19. August 2024 (4 WF 150/24)
BFH: Kinderbetreuungskosten im Wechselmodell 1. Kinderbetreuungskosten können nur bei demjenigen steuermindernd als Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes) berücksichtigt werden, der sie getragen hat. 2. Die alleinige Zuordnung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende zu lediglich einem Elternteil verstößt auch im Falle des paritätischen Wechselmodells nicht gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes. 3. Bei nicht zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Eltern wird im Rahmen der nach § 31 Satz 4 EStG durchzuführenden Günstigerrechnung bei jedem Elternteil der Kindergeldanspruch im Umfang des bei ihm zu berücksichtigenden Kinderfreibetrags angesetzt, unabhängig davon, ob der jeweilige Elternteil die tatsächliche Verfügungsmacht über das Kindergeld erlangt hat. Urteil vom 10. Juli 2024 (III R 1/22)
OVG Berlin-Brandenburg: Form(-un)-wirksame Schließung einer Online-Trauung Hält sich ein Verlobter zum Zeitpunkt der Durchführung der Videokonferenz zur Eheschließung körperlich in Deutschland auf und sitzt dort vor dem PC oder dem Mobiltelefon, so liegt der Ort der Eheschließung (zumindest auch) im Inland. Die nach Art 13 Abs 4 S 1 EGBGB für Inlandseheschließungen maßgebliche Form des § 1311 S 1 BGB ist nicht erfüllt und die Ehe aus Sicht der deutschen Rechtsordnung als formunwirksam anzusehen. Die Konstellation einer sogenannten Handschuhehe liegt im Fall einer Online-Trauung nicht vor. Urt. vom 29. August 2024 (6 B 1/24)
SG Berlin: Schuldnerschutz beim Versorgungsausgleich § 30 Abs 1 VersAusglG ist nicht erweiternd dahingehend auszulegen, dass die Schuldnerschutzvorschrift auch versorgungsträgerübergreifend Anwendung findet. In Fällen des Quasi-Splittings bzw. der externen Teilung gem. § 16 VersAusglG hat deshalb der Rentenversicherungsträger in der Übergangszeit gem. § 30 Abs. 2 VersAusglG gegen den Träger der Versorgungslast keinen Anspruch auf Aufwendungserstattung gem. § 225 Abs 1 SGB VI. Urt. vom 25.Juni 2024 (S 32 R 330 23)
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