Rechstanwältin Patricia Stark
Fachanwältin für Familienrecht      Fachanwältin für Strafrecht



Aktuelles zum Familienrecht

Stand Juli 2024


I. Aktuelle Unterhaltstabellen

Die Düsseldorfer Tabelle 2024 finden Sie hier:

https://www.olg-duesseldorf.nrw.de/infos/Duesseldorfer_Tabelle/Tabelle-2024/index.php

Die alte Düsseldorfer Tabelle 2022 und deren Leitlinien finden Sie hier:

https://www.olg-duesseldorf.nrw.de/infos/Duesseldorfer_Tabelle/Tabelle-2023/index.php


Bitte beachten Sie die aktuellen Leitlinien jeweils in Ihrem Gerichtsbezirk.


Leitlinien des Kammergerichts: https://www.berlin.de/gerichte/was-moechten-sie-erledigen/familiensachen/unterhaltsrechtlleitlinienkg_2024.pdf?ts=1703170594


Leitlinien des OLG Brandenburg:  https://www.nomos.de/wp-content/uploads/2024/02/OLG-Brandenburg-Unterhaltsrechtliche-Leitlinien-2024.pdf



II. Studien zu Familien in Deutschland


soziologische Evidenz der FAMOD-Studie – „Paritätische und andere Betreuungsmodelle“


III. Rechtspolitik

Kinderehen
Am 7. Juni 2024 hat der Bundestag das Gesetz zum Schutz Minderjähriger bei Auslandsehen beschlossen. Die Neuregelung war notwendig geworden, nachdem das Bundesverfassungsgericht im letzten Jahr entschieden hatte, dass das Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen aus dem Jahr 2017 mit dem Grundgesetz unvereinbar ist. Nach der jetzt beschlossenen Neuregelung sollen im Ausland geschlossene Ehen, bei denen mindestens einer der Partner unter 16 Jahre alt ist, zwar nach wie vor ungültig sein, zum Schutz der Beteiligten gibt es aber ergänzende Regelungen über Unterhaltsansprüche und über die Heilung der unwirksamen Ehe. Entsprechend dem Beschlussvorschlag des Rechtsausschusses wurde eine Evaluationsklausel in das Gesetz aufgenommen.
Ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel "Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen unverzüglich nachbessern" (BT-Drs. 20/10725) wurde vom Parlament mit den Stimmen der Koalitionsmehrheit genauso abgelehnt wie ein zusätzlicher Entschließungsantrag der Union (BT-Drs. 20/11667) und ein Antrag der AfD-Fraktion (BT-Drs. 20/11676).
Der Bundesrat hat die Neuregelung am 14. Juni passieren lassen, am 27. Juni wurde das Gesetz im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.
BGBl. 2024 I Nr. 212 vom 27.06.2024
Missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen
Das Bundeskabinett hat am 12. Juni 2024 den von Bundesinnenministerin Nancy Faeser gemeinsam mit Bundesjustizminister Marco Buschmann vorgelegten Gesetzentwurf zur besseren Verhinderung von missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennungen beschlossen. Mit der geplanten Neuregelung will die Bundesregierung "ein klares Zeichen gegen Vaterschaftsanerkennungen, die allein dem Zweck dienen, rechtsmissbräuchlich einen Aufenthaltstitel zu erlangen" setzen.
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass künftig in allen Fällen, in denen durch die Anerkennung ein neues Aufenthaltsrecht geschaffen werden kann und das Kind nicht das leibliche Kind des Anerkennenden ist, eine Zustimmung der Ausländerbehörde erforderlich ist, damit eine Vaterschaftsanerkennung wirksam wird. Der DAV hatte in einer Stellungnahme zum Referentenentwurf deutliche Kritik an dem geplanten Gesetz geübt: Zum wiederholten Male werde ein unbelegter Generalverdacht zu Lasten bestimmter Gruppen von Ausländern zum Anlass genommen, ein für die Gründung einer Familie essentielles Regelungswerk grundlegend zu ändern, um vermeintlichen Missbrauch zu erkennen und zu unterbinden - das sei mit Verfassungsrecht unvereinbar, heißt es in dem Positionspapier.
Entwurf eines Gesetzes zur besseren Verhinderung missbräuchlicher Anerkennungen der Vaterschaft
Stellungnahme des DAV
Familienreport 2024
Das Bundesfamilienministerium hat am 15. Mai den Familienreport 2024 veröffentlicht. Auf der Basis amtlicher Statistiken, wissenschaftlicher Studien und repräsentativer Bevölkerungsumfragen beschreibt der Familienreport die vielfältigen Lebenslagen von Familien in Deutschland. Die mittlerweile 8. Ausgabe des Familienreports bietet eine umfassende Bestandsaufnahme langfristiger Trends, sie greift aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen auf und informiert über familienpolitische Maßnahmen und Programme der Bundesregierung.
Familienreport 2024




IV. neue Entscheidungen

Rechtsprechung
BGH: Pflichtehrensold im Versorgungsausgleich
Der Pflichtehrensold nach dem bayerischen Kommunalwahlbeamtengesetz dient den Versorgungszwecken nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG und ist deshalb im Versorgungsausgleich auszugleichen (Abgrenzung zum Senatsbeschluss vom 18. Mai 2011 – XII ZB 139/09).
Beschl. v. 15. Mai 2024 (XII ZB 122/22)
BGH: Vertretungsbefugnis für Kindesunterhalt
Allein aus dem Ausschluss eines Elternteils von der (gemeinsamen) elterlichen Sorge für die Geltendmachung von Kindesunterhalt für ein minderjähriges Kind folgt bei nicht miteinander verheirateten Eltern noch nicht, dass auch der andere Elternteil von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen ist (Fortführung von Senatsbeschluss BGHZ 229, 239). Befindet sich das Kind in der alleinigen Obhut eines Elternteils, so ist dieser allein vertretungsbefugt.
Im Fall des Wechselmodells sind beide (nicht miteinander verheirateten) Elternteile hinsichtlich des gegen den jeweils anderen Elternteil gerichteten Unterhaltsteilanspruchs vertretungsbefugt. Der Bestellung eines Ergänzungspflegers oder einer Entscheidung nach § 1628 BGB bedarf es nicht (Aufgabe von Senatsurteil vom 21. Dezember 2005 - XII ZR 126/03).
Beschl. v. 10. April 2024 (XII ZB 459/23)
BGH: Geltendmachung von Mehrbedarf
Mehrbedarf eines Kindes kann für die Vergangenheit nicht erst von dem Zeitpunkt an verlangt werden, in dem er ausdrücklich geltend gemacht worden ist. Es reicht für die Inanspruchnahme des Unterhaltspflichtigen vielmehr aus, dass von diesem Auskunft mit dem Ziel der Geltendmachung des Kindesunterhaltsanspruchs begehrt worden ist. (Fortführung von Senatsurteil vom 22. November 2006 - XII ZR 24/04)
Beschl. v. 24. April 2024 (XII ZB 282/23)
BGH: Beschwerde gegen Vollstreckbarkeit eines ausländischen Unterhaltstitels
Wird gegen die erstinstanzliche Entscheidung zur Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Unterhaltstitels Beschwerde eingelegt, ist das Beschwerdegericht nicht daran gehindert, die Vollstreckbarkeit der Entscheidung im Ursprungsstaat im Einzelfall auch ohne Beibringung des von Art. 17 Abs. 1 Nr. 2 HUVÜ 1973 und Art. 25 Abs. 1 lit. b HUÜ 2007 geforderten formalen Nachweises festzustellen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 24. August 2022 – XII ZB 268/19).
Im Anwendungsbereich des HUÜ 2007 kann der Titelschuldner mit der Beschwerde gegen die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Kindesunterhaltstitels nicht nach § 59 a AUG geltend machen, dass der antragstellende Elternteil, der den Titel erwirkt hat, nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes (auch hinsichtlich der Unterhaltsrückstände aus der Zeit der Minderjährigkeit) nicht mehr zur Vollstreckung der titulierten Kindesunterhaltsansprüche befugt ist.
Beschl. v. 27. März 2024 (XII ZB 291/23)
BayOBLG: Bußgeld gegen Eltern bei Verstößen gegen Impfpflicht
Trotz des damit verbundenen Eingriffs in das Erziehungsrecht bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn gegenüber sorgeberechtigten Eltern schulpflichtiger Kinder bei Unterlassen der Vorlage von Bescheinigungen zum Schutz gegen Masern eine Geldbuße verhängt wird. Werden von Eltern zweier Kinder, die dieselbe Grundschule besuchen, Bescheinigungen zum Schutz gegen Masern nicht vorgelegt, liegt in der Regel eine Pflichtverletzung des sorgeberechtigten Elternteils in zwei tateinheitlichen Fällen vor.
Beschl. v. 28. März 2024 (201 ObOWi 141/24)
OLG Nürnberg: Vergütung des Verfahrensbeistandes
Eine Stellungnahme, die ein in erster Instanz bestellter Verfahrensbeistand in dem Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren über eine beabsichtigte Beschwerde eines anderen Beteiligten einer Kindschaftssache abgibt, löst keine erneute Vergütung gem. § 158 c Abs. 1 FamFG aus, da dieses Verfahren keinen "Rechtszug" i.S. des § 158 c Abs. 1 FamFG darstellt.
Beschl. v. 6. Juni 2024 (7 UF 85/24)
OLG Frankfurt/M: Unterbringung des Kindes bei der Großmutter
Auch soweit im Verfahren der einstweiligen Anordnung davon auszugehen ist, dass ein Kind mangels Erziehungsfähigkeit der Eltern nicht in deren Haushalt ohne Gefährdung seines Wohls verbleiben kann, besteht keine Veranlassung für einen vorläufigen Entzug des Sorgerechts nach §§ 1666 Abs. 3 Nr. 6, 1666a BGB i.V.m. § 49 FamFG, wenn die Eltern mit der Unterbringung des Kindes bei seiner Großmutter einverstanden sind und das Kind dort nicht gefährdet ist.
Beschl. v. 27. Mai 2024 (6 UF 86/24)
OLG Nürnberg: Umgangsausschluss bei häuslicher Gewalt
Ab welcher Dauer ein Umgang "für längere Zeit" ausgeschlossen wird, hängt vom kindlichen Zeitempfinden ab.
Nach Art. 31 Abs. 1 der Istanbul Konvention sind bei miterlebter häuslicher Gewalt die beim Kind fortbestehenden Belastungen in der Vergangenheit sowie die Gefahren wegen andauernder Angst und Bedrohung zu berücksichtigen. Der gewaltausübende Elternteil muss dem Kind die emotionale Sicherheit vermitteln, die es durch die miterlebte Gewalt verloren hat. Wenn er die Gewalt abstreitet, dem Kind gegenüber bagatellisiert, seine Belastung nicht sieht und aufgreifen kann, den anderen Elternteil in Gesprächen mit dem Kind herabwürdigt oder verbal attackiert oder erneute Gewalttaten zu befürchten sind, wird dies in der Regel ausgeschlossen sein.
Beschl. v. 16. Mai 2024 (11 UF 329/24)
KG: Israelische Scheidung
Die Anerkennung einer in Israel mittels Übergabe des Scheidebriefs durch den Ehemann und dessen Annahme durch die Ehefrau erfolgten Ehescheidung scheidet aus, wenn wegen der – auch – deutschen Staatsangehörigkeit eines Ehegatten das deutsche Scheidungsstatut anzuwenden ist. Daran ändert es nichts, wenn die Ehescheidung einverständlich unter Beteiligung des Rabbinatsgerichts erfolgt ist.
Beschl. v. 14. Mai 2024 (1 VA 13/24)
OLG Celle: VKH im Gewaltschutzverfahren
Schildern beide Seiten eines Gewaltschutzverfahrens den maßgeblichen Vorfall aus ihrer Sicht und unter Darlegung der Begleitumstände hinreichend substantiiert und machen die eigene Darstellung durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung glaubhaft, besteht eine hinreichende Erfolgsaussicht der vom Antragsteller begehrten Rechtsverfolgung. Die Frage, ob der von dem Antragsteller geschilderte Geschehensablauf mit einer im einstweiligen Anordnungsverfahren zur richterlichen Überzeugungsbildung ausreichenden überwiegenden Wahrscheinlichkeit feststellbar ist, muss dem einstweiligen Anordnungsverfahren selbst, insbesondere auch einem aus der Anhörung der Beteiligten und der Vernehmung ggf. sistierter Zeugen gewonnenen Eindruck vorbehalten bleiben. Insbesondere in Fällen häuslicher Gewalt, in denen es oft keine Zeugen gibt, würde eine VKH-Versagung mit dem bloßen Hinweis auf den widerstreitenden schriftlichen Sachvortrag der Beteiligten eine erhebliche Erschwerung effektiven Rechtsschutzes für Gewaltopfer bedeuten, was vor dem Hintergrund des Gesetzeszwecks und auch der sog. Istanbul-Konvention nicht hinnehmbar erscheint.
Beschl. v. 6. Mai 2024 (10 WF 35/24)
OLG Hamm: Wiederverheiratung und Versorgungsausgleich
Haben die geschiedenen Ehegatten einander wieder geheiratet, kann der Anspruch auf Familienunterhalt zu einer Anpassung nach § 33 VersAusglG führen. Voraussetzung ist, dass ohne die Kürzung der Versorgung der Beitrag des Ausgleichspflichtigen zum Familienunterhalt höher wäre als der des Berechtigten.
Beschl. v. 12. März 2024 (7 UF 153/23)
OLG Bamberg: Festlegung des Geburtsnamens
Der Geburtsname des Kindes ist mit Zugang der Erklärung beim zuständigen Standesamt festgelegt. Die Eintragung im Geburtenregister nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 PStG ist nur deklaratorisch. Aus der wirksam erfolgten Bestimmung des Geburtsnamens des Kindes folgt die Erledigung des Streits über das Bestimmungsrecht und damit das Entfallen des Rechtsschutzbedürfnisses für ein Rechtsmittel gegen die Übertragung des Bestimmungsrechts auf das andere Elternteil.
Beschl. v. 11. März 2024 (2 UF 44/24 e)
OLG München: Selbstbehalt beim Elternunterhalt
Unter Berücksichtigung des Zwecks und Rechtsgedankens des Angehörigen-Entlastungsgesetzes erscheint es angemessen, den im Rahmen der nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts vorzunehmenden Unterhaltsberechnung zu berücksichtigenden Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen auf einen Betrag zu erhöhen, der dem mit einem Gesamtbruttoeinkommen von 100.000 EUR erzielbaren durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen entspricht, was je nach Familienstand und Beschäftigungsart zwischen 5.000 EUR und 5.500 EUR liegen dürfte.
Es erscheint angemessen, die Verwendung des Eigenbedarfs keiner weiteren Kontrolle zu unterwerfen und auch keine Kreditraten, Wohnvorteile oder Mietbelastungen sowie Aufwendungen für Besuchsfahrten etc. anzuerkennen.
Beschl. v. 6. März 2024 (2 UF 1201/23 e)
AG Gmünden: Unwirksamkeit der religiösen Eheschließung syrischer Flüchtlinge in der Türkei
Die rein religiöse Eheschließung syrischer Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention in der Türkei ist unwirksam und begründet nicht die Vaterschaft für ein anschließend in Deutschland geborenes Kind.
Beschl. v. 13. März 2024 (002 F 334/23)